17.05.2020
Gefahrenmanagement vs. Autofahren – eine Analogie
Spricht man im Freundes- oder Familienkreis über das Thema Selbstschutz und kommt dabei auf die Thematik des Gefahrenmanagements – also der proaktiven Erkennung von möglichen Gefahren – zu sprechen, so findet sich fast unweigerlich jemand, der darüber den Kopf schüttelt und absolutes Unverständnis dafür aufbringt. Wie kann man nur so „paranoid“ sein und hinter jeder Ecke und jedem Busch einen Mörder vermuten? Die Masse der Menschen ist doch friedlich und nur wegen der minimalen Wahrscheinlichkeit, angegriffen oder überfallen zu werden, möchte man sich auf keinen Fall seine umfassenden Freiheiten nehmen lassen und sich selbst dermaßen einschränken.
Autofahren: Beispiel mit Realitätsbezug
Um unseren Punkt zu verdeutlichen, verwenden wir hier gerne eine Analogie zum Autofahren, da die meisten Menschen dazu einen besseren Bezug haben. Autofahren ist etwas alltägliches. Gewalt zum Glück nicht.
Fast wie selbstverständlich legen wir unseren Sicherheitsgurt an, bevor wir losfahren, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass wir auf genau dieser Fahrt in einen Verkehrsunfall verwickelt werden. Niemand würde behaupten, dass derjenige, der einen Gurt verwendet übertreibt und übervorsichtig ist. Es ist einfach etwas ganz Normales.
Wenn wir uns dann in den Verkehr einordnen, sind wir automatisch aufmerksam. Wir denken für andere Autofahrer mit, erkennen bremsende Fahrzeuge vor uns und reagieren entsprechend. Wir nehmen das unbeaufsichtigte Kind auf dem Gehsteig war und fahren deshalb kurzzeitig besonders vorsichtig bis wir vorbei sind.
Das alles, genauso wie Kuppeln, Blinken, Bremsen und Gas geben sind Vorgänge, die uns in Fleisch und Blut übergegangen sind. Wir müssen uns nicht großartig darüber Gedanken machen – die Tätigkeiten arbeiten wir ab, während wir z.B. mit unserem Beifahrer ein Gespräch führen.
Der Lernprozess dauert
Erinnern wir uns zurück an unsere erste Fahrstunde, war die Situation wahrscheinlich ganz anders. Der Verkehr und die neuartigen Tätigkeiten beanspruchten unsere komplette Aufmerksamkeit. Unsere Sinne waren geschärft und unser Gehirn leistete Höchstarbeit.
Je mehr Fahrstunden, also Training mit Sicherheitsnetz (der Fahrlehrer), wir absolvierten, desto sicherer wurden wir. Die Abläufe gingen immer leichter von der Hand und nach ein paar hundert Kilometern fühlte sich das Ganze schon recht gut an.
Zurück zum Gefahrenmanagement
Das Gleiche Prinzip gilt auch für das Gefahrenmanagement bzw. die Schulung der Aufmerksamkeit dafür.
Konzepte, deren Umsetzung sich zu Beginn noch anstrengend, übervorsichtig oder vielleicht sogar paranoid anhören, gehen mit dem entsprechenden Training und eigenverantwortlicher Übung immer leichter von der Hand und zunehmend in Fleisch und Blut über.
Die Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsprozesse laufen als angenehme Hintergrundmusik in unseren Köpfen ab. Die Pauke meldet sich nur dann zu Wort, wenn etwas unsere eingehendere Betrachtung oder Reaktion erfordert.
Entsprechende Aufmerksamkeit im Alltag und die Fähigkeit, angemessen zu reagieren, ist also nicht paranoid oder krankhaft, sondern vernünftig und schränkt uns – sofern richtig umgesetzt – nur sehr geringfügig ein.
Im IGUS-Kurs „Proaktive Selbst-verteidigung“ gehen wir auf die Konzepte rund um Innere Einstellung, Gefahren-, Kontakt- und Gewaltmanagement intensiv ein und trainieren deren theoretische und praktische Anwendung.
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